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erstbegehungs- und sanier-kodex

wir kletterer unter uns haben es aber zumindest teilweise in der hand, alle spielarten am leben zu lassen. es darf nicht so kommen, dass wegen flächendeckender saniererei in plaisir-manier nur noch der konsummensch am abend zufrieden sein bier trinken kann.

es geht nicht darum, das plasirklettern zu verteufeln. nein, es geht einzig um den sorgsamen umgang mit dem beschränkten gut fels. es geht darum, dass nicht die masse und der kommerz alleine das sagen haben, sondern dass auch minderheiten ihr betätigungsfeld erhalten bleibt.

ehrenkodex erstbegehungen

wir müssen dem fels eine chance lassen! das heisst: entweder frei (bohrhaken nur zur sicherung) oder technische kletterei ohne bohrhaken. wer bohrhaken zur fortbewegung benutzt lässt dem fels keine chance und beraubt nächste generationen der möglichkeiten. es ist eine ideologische sackgasse die vor jahrzehnten schon ausprobiert wurde. damals hiess es "superdirettissima", heute "plaisir".

ansatzpunkte sanierung

grundsätzich darf bei unten aufgeführten touren davon ausgegangen werden, dass:
- alte bohrhaken durch neue ersetzt werden dürfen.
- fixe haken durch bohrhaken ersetzt werden dürfen.
- standplätze gut eingerichet werden dürfen (allenfalls zusätzliche bohrhaken).
der kodex von mountain-wilderness verlangt auch in diesen punkten eine rücksprache mit dem erstbegeher oder einen kommissionsentscheid.

der knackpunt ist das anbringen zusätzlicher bohrhaken. ich setze mich dafür ein, dass:

1) in gelände, in dem der erstbegeher im vorstieg keine andere wahl hat, als weiterzuklettern, keine zusätzlichen bohrhaken angebracht werden.

2) in gelände, in dem der erstbegeher hätte cliffen, oder sonst anhalten und bohrhaken anbringen können: hier sollte in absprache mit dem erstbegeher erwogen werden, ob gefährliche stellen zu entschärfen sind. schliesslich hat der wiederholer das nötige material nicht dabei - der erstbegeher hatte einen vorteil.

3) bei rissen, die mit keilen abgesichert werden können, müssen weitere überlegungen gemacht werden. hierzu gehört auch das "regionale" umfeld einer route. in plaisir-gebieten (zb sanetsch), wo ohnehin alles zugebohrt ist (6c, A0), dürfen tendenziell auch bei rissen zusätzliche bohrhaken gesetzt werden. in den kirchlispitzen, in denen eine hohe kletterethik die norm ist, nicht.

urheberrecht

der erstbegeher hat ein gewisses urheberrecht an seiner tour. dieses ist meines erachtens um so ausgeprägter, je wichtiger die tour für die kletterwelt war. meilensteine wie "der weg durch den fisch", "supertramp", silbergeier u.v.m. dürfen unter keinen umständen zerstört werden. der wert dieser klettereien besteht nicht nur in der klettertechnischen schwierigkeit, sondern auch in der kühnheit der linien und deren ernsthaften charakter. sie sind ein vermächtnis an die kletterwelt. im englischen gritstone stellen viele dieser meilensteine sogar eine ernsthafte gefahr für die gesundheit dar - sie sind heute noch grosse herausforderungen.

wegen dem urheberrecht ist auch klar, dass eine sanierung wenn möglich detailiert mit dem erstbegeher abgesprochen werden muss.

mountain wilderness

mountain wilderness setzt sich für das gründen einer kommission «Sanieren und Erschliessen von Kletterrouten» ein, die einen «Kodex für das Sanieren und Erschliessen von Kletterrouten» definiert, erschliessern und sanierern beiseite steht und das einhalten des kodex überwacht.

originaltopos und gedanken des erstbegehers zu allfälliger sanierung:

 

steinfresserweg 1978

ein sturz an der schlüsselstelle im originalzustand der route wäre gefährlich (band). das gebiet ist aber zu einem grossen klettergarten geworden. meines erachtens macht es keinen sinn, den steinfresserweg im originalzustand zu erhalten:

zusätzliche bohrhaken sind nicht wegzudenken.

originaltopo

superlative 1978

die schlüsselstelle, eine sehr spährlich abgesicherte wasserinne ist bei heutigem kletterkönnen wohl nicht sehr schwierig, wäre aber im originalzustand immer noch psychisch anspruchsvoll. der rest der route lässt sich mit keilen gut absichern.

hier gilt es abzuwägen: ein bohrhaken in der wasserinne macht die tour für normale 6b - kletterer ok, auf der andern seite berauben wir diesen einer faszinierenden, ungefährlichen herausforderung.

bohrhaken statt natürliche sicherung: siehe free trip.

originaltopo

 

free trip 1979 (übersaniert 1998)

warum werden bohrhaken geschlagen, wenn mit klemmkeilen gesichert werden kann? die totalsanierung zum plaisir-riss, der heute ohne klemmgeräte begangen werden kann, steht stellvertretend für hunderte von routen in den alpen und auch stellvertretend für unsere gesellschaft: konsum zu jedem preis. ein armutszeugnis.

die erstegehung des free-trip sehe ich aber nicht als grosse tat. als urheber (mein partner ist nicht vorgestiegen) ist es mir egal, wie der free-trip weiteren generationen übergeben wird. die sanierer sollen sich aber ihrer tat bewusst sein, die sie ohne mein einverständnis begangen haben (ich wurde gefragt und war einverstanden, dass "das alte material durch neue bohrhaken ersetzt wird").

wiederhohler können ja daran denken, dass die tour mit 1 bohrhaken und 3 normalhaken zur zwischensicherung erstbegangen wurde.

originaltext

himmelskante 1980

die süd- und westwände des kleinen bockmattliturms sind ein alpiner klettergarten. es macht meines erachtens keinen sinn, wenn hier der originalzustand beibehalten wird (auch wenn die 7+ seillänge für mich jedesmal eine herausforderung war...).

originaltopo
ein bild

supertramp 1980 (zurücksaniert 2009)

ein meilenstein. als erstbegeher war es in den schlüsselseillängen (2. + 8.) nicht möglich, zusätzliche sicherungspunkte anzubringen.

die route wurde in den jahren 2004 und 2005 notwendigerweise saniert (benno kälin u.a.). leider hielten sich die sanierer nicht an unsere absprachen und setzten viele zusätzliche bohrhaken. die tour konnte nach der sanierung ohne klemmgeräte geklettert werden. als urheber (mein partner stieg bei der erstbegehung nur weniger schwierige teile vor) war ich nach der "sanierung" der meinung, dass die tour in ihren originalzustand zurückversetzt werden muss.

2009 haben drei freunde in zwei tagen harter arbeit 28 bohrhaken und einige alte (seit der sanierung ohnehin überflüssige) haken entfernt und die bohrlöcher verkittet.

der originalzustand ist damit wieder hergestellt und der supertramp darf nun als "gut saniert" betrachtet werden.

originaltopo
ein paar bilder
infos zu den sanierungen im bockmattli

weitere infos zur zurücksanierung und medienecho

eisbrecher 1981

in der grauen wand gibt es heute kreuz und quer klettereien. es scheint keinen sinn zu machen, die schöne linie des eisbrechers zwischen all den bohrkaken original zu belassen.

originaltopo

amarcord 1984

in der amarcord wäre es dem erstbegeher fast überall möglich gewesen, einen bohrhaken zu schlagen. es entsteht deswegen die situation "2" der oben erwähnten "ansatzpunkte sanierung": gefährliche stellen dürfen entschärft werden.

in der amarcord betrifft dies die 7er - seillängen im oberen wandteil. dass ich ganz einfach zu faul war, an gefährlichen stellen borhaken zu schlagen, soll dem wiederhohler nicht zum verhängnis werden.

originaltopo

kein wasser, kein mond 1985

(die letzte seillänge hat kim karrigan erstbegangen). meines erachtens wäre es schön, wenn in der ersten seillänge ein zusätzlicher bohrhaken angebracht wird (unnötige gefahrensituation). der rest der route ist eine herrliche, ungefährliche, aber dennoch grosse herausforderung: originalzustand muss unbedingt belassen werden. kim ist sicher gleicher ansicht.

originaltopo

truth of human desire 1985

(abwechelnde führung mit kim karrigan bei der erstbegehung). eine wilde linie in wilder umgebung. zusätzliche sicherungspunkte wären idiotisch - auch wenn die route nicht harmlos ist.

originaltopo

dohle jonathan 1986

der obere, wesentliche wandteil ist den umständen entsprechend gut gesichert:

der originalzustand kann beibehalten werden.

originaltopo

hannibals alptraum 1986

in unregelmässig wechselnder führung mit röbi bösch zu je 50% erstbegangen; wir sind beide der meinung, dass hannibal den umständen entsprechend richtig abgesichert ist - eine grosse, schöne herausvorderung:

der originalzustand soll beibehalten werden.

originaltopo

via acacia 1988

die tour wurde mit der bohrmaschine erstbegangen und ist den umständen entsprechend gut gesichert:

der originalzustand kann beibehalten werden.

originaltopo



 

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